Germany's Next Topmodel - Staffel 13 Folge 4

Ich dachte, ich wäre ein stylischer Mensch – ein Mensch, der den Trends folgt oder zumindest von ihnen gehört hat. Aber ich lag falsch. So falsch. Denn was gerade hip und angesagt ist, darauf hätte ich nicht mal für lebenslanges Gehalt gewettet, hätte mich Heidi nicht eines Besseren belehrt. Also packt die Stulpen aus, vergesst Balayage und Longbobs und nehmt euch einen Frisörtermin, denn der Vokuhila is back! Allzeitklassiker und Blickfang in einem und wir haben es alle nicht mitbekommen. Wie gut, dass es diese Show gibt.

 

Mayonnaise!!!

 

Vier lange Wochen mussten wir darauf warten und jetzt ist es endlich passiert: das große Umstyling. Zwar fragt man sich im Nachhinein jedes Mal, was genau das Besondere daran war 23 Mädchen beim Heulen zuzusehen, andererseits lernt man zu chillen, wenn einem der eigene Frisör mal wieder ein paar Millimeter zu viel abgeschnitten hat. Denn schlimmer kann es bekanntlich immer kommen und wie schlimm, das hat Folge vier nochmal so richtig unter Beweis gestellt. Aber zuvor eine erfreuliche Botschaft an der Modelfront: die Models sind in LA angekommen und beziehen ihre Unterkünfte – ehrfürchtig den vergangenen Staffeln gegenüber rechnen sie mit allem: Campingplatz, versiffte Jugendherbergen oder auch abgewrackte Zugabteile, aber dann, die große Überraschung! Sie bekommen tatsächlich Teamhäuser! Richtige Häuser mit Stockbetten, Möbeln und Duschbereichen. Was in den luxusverwöhnten ersten Staffeln für Entsetzen gesorgt hätte, löst hier eine fast erschreckende Euphorie aus, die uns wundern lässt, wie die Models in Deutschland wohl hausen müssen? Es wird gekreischt, geschrien, sich umarmt, jedes Stockbett liebkost und die leeren Schränke, in denen nicht mal Geschenke von „Zalando“ oder „Daniel Wellington“ warten, wertgeschätzt. Nicht mal ein lächerlicher Venus-Rasierer ist im Bad vorzufinden, geschweige denn eine dieser elektronischen Gesichtsbürsten, aber trotzdem scheint die Freude nicht enden wollend, als plötzlich ein noch lauterer Freudenschrei durchs Haus schallt. Denn ein Model hat ein Goodie entdeckt, das sie in absolute Verzückung versetzt. Mayonnaise!!! Richtige Mayonnaise. Stolz präsentiert sie den anderen ihren Fund und schreit dabei immer wieder „Mayonnaise!“. Mit der Begeisterung hätte ja nicht mal Mayonnaise-Hersteller „Kuner“ gerechnet. Aber vielleicht bietet er sich im nächsten Jahr als Sponsor an? Passen würde es, immerhin darf ja auch dieser China-Fraß „Shan Shi“ vor unserem Lieblingsfetzenproduzenten „Fussl“ Werbung machen.

 

Zwischen Trockenhaube und Tränen

 

Am nächsten Morgen steht endlich jener Tag an, der Zoe in künftigen „red“-Interviews von ihrer Kopfbedeckung befreit und Gerda auf ihrem Instagram-Account aufhören kann so zu tun als wäre sie noch blond: das Umstyling. Sally gibt sich gelassen – man weiß ja von Anfang an, dass es passieren wird und sie vertraut dem Team voll und ganz. Zumindest bis zu dem Zeitpunkt, als es so aussieht, als hätte ihr ein wildgewordener Biber die Haare vom Kopf gefressen.

 

Auch Heidi macht denselben Fehler wie Sally – sie freut sich auf den Tag. Als zwei Sekunden nach Betreten der heiligen Hallen die erste Kandidatin auch schon zum Heulen beginnt, ist aber selbst Heidi überrascht. Heul-Schnellschießerin ist Klaudia mit K, die eine tödliche Angst vor Bleaching und Scheren hat – eine Angst, die bei Zoe durchaus gerechtfertigt gewesen wäre, aber die schlägt sich tapfer und erleidet dasselbe Schicksal wie Sally – die Verunstaltung durch Heidis persönliche Stylistin Wendy Iles, die das Ziel zu haben scheint, nur Heidi das Umstyling gutaussehend überstehen zu lassen. Die Arbeitseinstellung lob ich mir – sollte ich jemals berühmt werden, als Jurorin einer Castingshow zum Beispiel, würde ich sie engagieren. Und sie all meinen Konkurrentinnen weiterempfehlen. Während also Sally und Zoe von der schweroperierten Stylistin malträtiert werden, ruft Heidi die dunkelhäutigen Models Abigail und Toni zu sich. Und weil beide maximalpigmentiert sind und etwas schwieriger zu händelnde Haare haben, möchte Heidi direkt losstürmen und ihnen den Schädel rasieren, wie man das in den letzten Jahren halt so gemacht hat. Aus Sorge die beiden könnten ihre Absicht noch nicht ganz mitbekommen haben, lässt sie den Rasierapparat in ihrer Hand mehrmals laut aufheulen. Die Models bekommen es mit der Angst zu tun – wobei, wenn ich Abi oder Toni gewesen wäre, hätte mich der Rasierer ja weit weniger gestört als Heidis irrer Gesichtsausdruck. Mit weit aufgerissenen Augen pirschte sie sich immer wieder an, lachte ihren Heidi-Lacher, den sie sich erst voriges Jahr so richtig antrainiert hat, und stichelte mit ihren spitzen Fingernägeln in den verfilzten Haaren herum. Dann klopfte sie breit grinsend und noch immer mit weit geöffneten Augen auf den Frisörstuhl und inspizierte die Auswahl an Instrumenten, mit denen sie sogleich die Models von deren Haarpracht trennen wird. Fast so wie im Horrorfilm „Hostel“, als sich die Peiniger überlegen, mit welchem Utensil sie das Auge ihres Opfers als nächstes rausploppen lassen wollen. Toni, die heute das erste Mal einen Frisörsalon von innen sieht, muss glauben, dass ein Frisörbesuch mit einem Aufenthalt in einer geschlossenen Anstalt gleichzusetzen ist, bei all dem Geheule, Geschrei und den dubiosen Persönlichkeiten, die hier herumrennen.

 

Brasilianerin Bruna hingegen ist selbstsicher – sie wird nicht weinen. Zwölf Sekunden später weint sie. Sie will keine Extensions. Verständlich, die könnten sie ja längerfristig entstellen, sind im Vergleich zu Radikalhaarschnitten unmöglich rückgängig zu machen und waren seit jeher die schlimmste Strafe, die einem beim Umstyling ereilen kann. Apropos entstellen: Zoe ist dran und wirkt schon etwas beunruhigt, nachdem ihre weißblonden Haare jetzt an eigenartigen Stellen gestutzt werden. Heidi will sie aufmuntern und äfft die Österreicherin mit einem seltsam bayrischen Akzent nach. Das kommt super. Und wir wissen jetzt, dass Heidi neben all ihren Talenten das Sprachen-Imitieren nicht dazuzählen kann. Genauso wie Singen, sollte sie beim diesjährigen Finale wieder auf eigenartige Ideen kommen.

 

Zoe ist fertig und soll nun als erster Mensch seit 40 Jahren ihren frisch geschnittenen Vokuhila begutachten. Davor  erklärt Heidi noch einmal, dass sie wollen, dass alle Mädchen „modern“ aussehen. Also mir persönlich kamen bei Zoes Ergebnis ja auch alle möglichen Adjektive in den Sinn – „modern“ war definitiv nicht darunter. Auch Zoe analysiert trefflich, dass sie wie ein Fußballer der 80er Jahre aussieht und sie nicht weiß, ob sie lachen oder weinen soll. Da sie ja diejenige ist, die die Frisur „tragen“ muss, würde ich persönlich zu weinen tendieren, aber was weiß ich schon, ich dachte bis zu diesem Zeitpunkt, dass ein Stufenschnitt und softe Beachwaves „in“ sind.  Modelmama Heidi, die froh ist, dass ihre Stylistin diesen „modernen Haarschnitt“ erst mal an wem anderen ausprobiert hat, gibt Zoe einen ihrer hilfreichen Tipps: „Dazu musst du jetzt nur noch die passende Attitude entwickeln“. Sprich: mit Bauernrotzern (einhändig geführter Rotzer durch Zuhalten einer Nasenöffnung) durch die Straßen ziehen und regelmäßig auf den Boden schlatzen. Sollte gehen.

 

In Anbetracht der Prinz-Eisenherz-Frisur von Kollegin Sally, stellt Zoe dann aber doch dankend fest: schlimmer geht tatsächlich immer. Sally, von deren anfänglicher Entspanntheit, genauso wie von ihrem Deckhaar, nichts mehr übrig ist, ist verzweifelt. Ihre Modelkolleginnen muntern sie mit Komplimenten auf: „Nur DU kannst das tragen!“ – Leider bei einer Frisur nie ein gutes Zeichen. Nicht nur, dass Sally fast alle Haare lassen musste, die Überbleibsel wurden auch noch von rot auf gelb gefärbt. Zu ähnlich wäre es sonst dem roten Topfkopf-Schnitt gewesen, den Kandidatin Maria in Staffel vier verpasst bekommen hat. Wir erinnern uns: die wurde nach ihrem Umstyling bei einem Casting gefragt, warum sie sich herrichtet wie ein Zirkusclown. Auch das halte ich für ein nicht so gutes Zeichen.

 

Ist denn wirklich niemandem diese Frau aufgefallen?

 

Um sich richtig einzugrooven mit dem neuen Style findet am Tag darauf das Sedcard-Shooting statt und weil diese Staffel heißer ist als je zuvor, werden transparente Bodies mit Netzstrümpfen angezogen. Klaudia mit K bricht erneut in Panik aus. Jetzt durfte sie zwar ihre rotgefärbte Wallemähne behalten, mit der sie übrigens aussieht wie eine exakte Mischung aus Arya und Sansa Stark von „Game of Thrones“, hat aber in dem ganzen Stress vergessen, sich von ihrer restlichen Körperbehaarung zu trennen. Bei diesen buschigen Augenbrauen schwant mir Böses und tatsächlich muss sich Klaudia von Kopf bis Fuß kahlrasieren und schneidet sich dabei auch noch in den Zeh. Einziger Grund warum ich das hier erzähle: weil der Tonassistent, den sie mit ihrer blutenden Zehe um Hilfe bittet, kein Blut sehen kann und angeekelt die Flucht ergreift, als sie ihm entgegenhumpelt. Ein Hoch also auf die männlichen Männer, von denen es heutzutage ja noch Unmengen zu geben scheint.

 

Zusätzlich zum Sedcard-Shooting gab es außerdem noch einen Kniff – die Chefredakteurin der deutschen „Instyle“ wurde ganz unauffällig eineinhalb Meter neben dem Set platziert und machte ein streng geheimes Casting. Traurig genug, dass keines der modeinteressierten Models eine Ahnung hatte wer Kerstin Weng ist, sie waren tatsächlich überrascht, als verkündet wurde, dass diese Frau eine Funktion hat und nicht nur zufällig am Set rumlungert. Extensions-Bruna, Perücken-Abigail und Siegfried-Sally wurden eingeladen zum exklusiven „Instyle“-Casting nach Mexiko – bleibt nur zu hoffen, dass sie Sally wieder einfliegen lassen, schließlich könnte man sie aufgrund ihres ausgefallenen Styles für unzurechnungsfähig halten.

 

Eine No-Win-Situation für Thomas

 

Weil Thomas Hayo bei der Entscheidung ein Wörtchen mitzureden hatte – zumindest bis es zur Eliminierung ging – hatte der Entscheidungswalk wieder einen englischen Titel. Im „Be yourself walk“ mussten die Models unter Beweis stellen, wie sehr sie in ihrem neuen Style angekommen sind. Dazu wurden sie von einer, gottseidank, anderen Stylistin als Wendy Iles eingekleidet. Und die versteht was von ihrem Fach, immerhin zählt Paris Hilton zu ihren Kundinnen und die war immer schon berühmt für ihren unfehlbaren Modestil. Zuerst ist Härtefall Sally dran, die  typgerecht zur Clownsfrisur eine Leoparden-Jogginghose, eine Pailletten-Zirkus-Bomberjacke und einen orangenen BH übergezogen bekommt. T-Shirts passen also nicht zu Sallys neuer Personality. Ein Traum – so lässt sich der neue Look noch viel besser in den Alltag integrieren. In Team Thomas brennt inzwischen der Hut – nicht nur, dass Zoe in ihren Stulpen und der Federjacke so aussieht als wäre sie auf dem Weg zu einer Bad-Taste-Party falsch abgebogen, beginnen auch noch die erträglich aussehenden Models Catwalk-Katastrophen abzuliefern. Inkaprinzessin Lis wagt es ihr Kleid beim Walk hochzuziehen – da kennt Heidi keine Gnade und haut den Hayo-Liebling prompt aus der Show. Valèrie, die ihre Beine beim Sedcard-Shooting lieber bedeckt gehalten hätte, fliegt ebenfalls. Und auch die Kandidatin, die wie eine schlafwandelnde Version der GNTM Gewinnerin Jana Beller aussieht, muss mit Lookalike Trixi ins Shoot Out. Allesamt „girls“ aus Team Thomas. Um Schadensbegrenzung zu betreiben und aufgrund seltsamer Haartrends nicht noch weitere Kandidatinnen zu verlieren, sieht sich Thomas gezwungen sein Team mit Kappen auszustatten. Michael hingegen, der eine echt gute Woche verzeichnen kann, bekommt von seinen Mädchen ein Lied geträllert, das an Peinlichkeit kaum zu übertreffen ist und mir ein letztes Mal beweist: schlimmer geht einfach wirklich immer.

 

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Kommentare: 3
  • #1

    Mädchen_Namens_Frida (Sonntag, 04 März 2018 11:23)

    Sooo unglaublich witzig und treffend beschrieben! Freu mich auf die nächsten Beiträge!

  • #2

    Ilsealiceco (Sonntag, 04 März 2018 17:13)

    Der lustigste Artikel , einfach genial !

  • #3

    Elisabeth_kie (Freitag, 09 März 2018 14:02)

    Unglaublich lustig und treffend!! Ich liebe die Blogposts!