Germany's Next Topmodel - Staffel 13 Folge 5

Weil ich ein Mädchen bin…

 

Am vergangenen Donnerstag war Weltfrauentag und zum Weltfrauentag sollte man nur Dinge machen und mit Dingen zu tun haben, die Frauen mögen. Und wer in den letzten zweieinhalb Jahren nicht aus unerfindlichen Gründen von der Außenwelt abgeschottet war und  Social-Media-Kanäle, Fernsehen und jegliche Konsumorte verweigert hat, sollte mitbekommen haben, dass wenn es eine Sache gibt, die Frauen aktuell lieben oder lieben sollten, es Einhörner sind. Weiße Einhörner mit bunten Mähnen in allen Farben des Regenbogensortiments. Man sieht sie im Pool als gigantische Luftmatratze, als kuschelige Hausschlapfen, die jedes Sexualleben für immer zum Tode verurteilen oder noch besser: als gemütliche Onesies, die, was die gesellschaftliche Akzeptanz anbelangt, selbst Katzenfrauen cool und trendig erscheinen lassen. Mir ist die Euphorie gegenüber den nicht existenten Viehchern schleierhaft, aber vielleicht gehöre ich einfach einer einhornfreien Generation an, die sich mit anderen Dingen begeistern lässt, wie Reunions bereits ausgestorbener Popgruppen (Bro’Sis, Bro’Sis, Bro‘Sis!!!) und Rabatt auf „Elmex“-Zahnpasta. Und weil Einhörner, ihre Einhornscheiße sowie bunte Einhornkotze und picksüß riechende Einhornfürze im Alltag eines jeden hippen Mädchens heutzutage präsent sind, wollte auch Modelmama Heidi „ihren Mädchen“ eine rechte Freude machen und schenkte ihnen zum Weltfrauentag einen wilden Ritt auf einem gefaketen Gaul. Und obwohl die Models wunschlos glücklich hätten sein müssen, gibt es trotzdem eine Sache, die selbst die unendliche Liebe zu Einhörnern aushebelt: die Liebe zu Alkohol. Und davon dürften die Kandidatinnen diese Folge reichlich zu sich genommen haben, denn sowohl beim Shoot, als auch beim expressiven Entscheidungswalk wurden so kurios wankende Performances dargeboten, dass man daraus nur schließen kann, dass zum Weltfrauentag ordentlich das Glas auf das Frauen-Dasein erhoben wurde. Und weil ich ein Mädchen bin, hab ich gleich mitgesoffen.

 

Warum echt, wenn auch unecht geht?

 

Ich betrachte mich als Feministin, hasse es, wenn Frauen in Rollenbilder hineingedrängt werden oder minder anerkannt werden, weil sie Hobbies oder Berufe ausüben, die nicht als emanzipiert wahrgenommen werden. Das dachte sich auch Prosieben und plante entgegen jeder Idee von Emanzipation eine der wohl klischeebehaftetsten Ausgaben von GNTM. Um sicher zu gehen, dass trotzdem verstanden wird, dass Frauen hier hochgelebt werden, wurde ein gigantisches Logo mit „Weltfrauentag“ an den linken Bildrand geklatscht. Statt Dandy-Shoot oder Frauenpower-Walk gab es also zum Auftakt der Woche ein Fotoshooting, bei dem jede hartgesottene Feministin auf die Probe gestellt wurde, nicht negativ über das eigene Geschlecht zu urteilen. Ort des Unglücks: eine amerikanische Ranch. Aber nicht die echten Pferde, von denen es zur Genüge gegeben hätte, warten auf einen ordentlichen Ritt, sondern ein eher weniger elegantes Exemplar: ein weißes Einhorn, das lustigerweise exakt dieselbe Frisur trägt wie Zoe (selbst unter Pferden hat sich also herumgesprochen, dass Vokuhilas voll angesagt sind). Und um den Kitsch-Faktor noch etwas zu erhöhen, ist die Wochenaufgabe der Mädchen auf dem Vieh schwungvoll Rodeo zu reiten. Am Weltfrauentag. Und dabei laut zu schreien. Am Weltfrauentag. Und sich in kurzen Kleidern darauf zu räkeln und mit Glück den Busen drin zu behalten. Richtig – auch das am Weltfrauentag.

 

Ja, mutig! Von mir bekommt die Redaktion, die diesen Produktionsplan erstellt hat, vier von fünf Feminismus-Punkten! Schade nur, dass die Mädchen im Vergleich zu den anderen Shootings gar viel anhatten. Man sah fast nie Bauch, Brust oder Po. Das hätte man noch etwas heißer gestalten können, schließlich will man auch am Weltfrauentag sehen wie heiß wir Ladies sein können. Ich finde ja, man hätte zum Weltfrauentag den obligatorischen Werbe-Dreh vorziehen können und die Models für wunderbar feministische Produkte Werbung machen lassen können. Für „Vanish Oxi Action“ zum Beispiel. Oder Botox to go. Oder man hätte sie mit fremden Kleinkindern posieren lassen können, wie das „Austrias Next Topmodel“ in der vorletzten Staffel so geil gemacht hat. Als die im Durchschnitt 17-jährigen Models mit nacktem Oberkörper, sexy Blick und heulenden Babies auf dem Arm posieren mussten und dabei den Eindruck erweckten, Erzieherinnen aus der Kinder-Tagesstätte zu sein, mit leicht strafbaren Vorlieben. Dafür hätte ich sofort fünf Punkte vergeben. Aber man nimmt was man kriegt und in diesem Fall nimmt Heidi Kandidatin Nummer eins Stephanie, die die Erste ist, die das holde Tier besteigen darf.

 

Das macht so Spaß, das macht so Spaß!

 

Stephanie, die ebenfalls kein Einhorn-Fan ist, beginnt auf dem sich nun zu drehen beginnenden Plastik-Gestell zu posen. Sie schmeißt die Arme in die Luft, lacht und räkelt sich einigermaßen ansehnlich. Aber hat sie wirklich Spaß? Heidi ist sich da nicht so sicher und bittet Stephanie zu demonstrieren, wie viel Spaß sie hat. Sollte Stephanie vorher Spaß gehabt haben, hat sie ab diesem Zeitpunkt definitiv keinen mehr. Mit leisen und für das menschliche Ohr kaum wahrnehmbaren „Wuhus!“, „Juhus!“ und „Woos!“ versucht sie Heidi von ihrem ultimativen Spaßfaktor zu überzeugen. Das klappt aber nicht. Wenn man Spaß hat, schreit man aus sich heraus und gibt keine qualverzerrten Mäuse-Laute von sich, meint sie. Ja wo sie Recht hat, hat sie Recht. Ich habe auch viel Spaß am Bloggen und regelmäßig überkommt es mich und ich plärre ein lautes „Yiiiihaaaaa“ heraus, so viel Freude habe ich. Aber gut, schreien ist einfach nicht jederfraus Sache und Stephanies ganz bestimmt nicht. Auch Sally hat Heidi danach nicht genug Spaß. Da kann sie noch so sehr in die Kamera kichern, aber wenn heute nicht aus Leib und Seele gekreischt wird, dann ist sich Heidi sicher: das Amüsement ist hier auf Sparflamme gedreht. Aber Sally kann aufatmen, auch beim Instyle-Casting in Mexiko ist Spaß gefragt, allerdings in einem Rahmen, der geistig normalem Verhalten entspricht, und da kann Sally überzeugen und gewinnt die zehnseitige Fotostrecke. Die Erste, die beim Shooting wirklich gut reiten und gleichzeitig laute Geräusche von sich geben kann, ist sexy Gerda. Und die kann‘s wieder mal nicht lassen und lässt passend zum Erotik-Image zweimal den Busen, für den sie doch so viel bezahlt hat, aus dem Kleid hervorschießen. Ein klarer Fall von zu viel Spaß. Zu viel Spaß backstage schien auch Österreicherin Victoria gehabt zu haben, denn kaum auf dem Rücken des Pferdes angelangt, geht es mit ihr durch. Etwa so, wie wenn ich mir einrede, die letzten dreieinhalb Flaschen Champagner ausgezeichnet vertragen zu haben und weiterhin den Grundsatz vertrete: „an Gin Tonic hamma imma no trunkn“. Ähnlich alkoholisiert und beschwingt von Heidis bayerischer Begrüßung, beginnt sich Vicky verstörend unterhaltsam auf dem Einhorn herum zu schwingen, wiehert dem Fotografen entgegen und wirkt dabei so, als hätte sie gerade die „time of her life“, wie Thomas sagen würde. Und obwohl es für mich tatsächlich das erste Mal nach wirklich Spaß aussieht, ist Heidi weniger begeistert. Und da soll sich mal einer auskennen.

 

Im Shoot Out stehen die Doppelgängerinnen Trixi und Karoline, wobei die eigentliche Herausforderung für Trixi nicht das Fotoshooting ist, sondern die Schleichwerbung für „Meßner“-Matcha-Instant-Tee, die sie direkt davor im Gespräch mit Androgyn-Anne unterbringen muss. Gemeinsam rühren sie in der grünen Schlotze und tauschen sich genussvoll schlürfend über das bevorstehende Shoot Out aus. Mich persönlich erinnert der Anblick dieses Gesöffs aber nicht an das stylische In-Getränk, das alle ernährungsbewussten Menschen gerade zwangsweise saufen,  sondern an die chinesische Heilmedizin meiner Mutter, die sie damals mit zugehaltener Nase qualvoll trinken musste und eine unverwechselbare Ähnlichkeit mit Straßenschlamm hatte. Aber irgendwas Gutes hatte dieser „Meßner“-Tee, denn a) die Models durften aufhören den zuckerhaltigen „Lipton“-Eistee trinken zu müssen, der ebenfalls Sponsor ist, und b) Shoot-Out-Konkurrentin Karoline, die von der Produktplatzierung verschont geblieben ist, musste nach dem Battle vor versammelter Frauschaft das Feld räumen.

 

We only got 40 seconds to save the world

 

Passend zum Weltfrauentag hat die Redaktion die Köpfe zusammengesteckt und sich überlegt, wie man jungen Mädels wirklich etwas Gutes tun kann. Und weil Frauen eine schier unglaubliche Summe an Stunden grübelnd vor ihrem Kleiderschrank verbringen, gibt es als kleines Präsent einen Crashkurs in Sachen schneller anziehen. Dabei müssen sich die Models in einem fahrenden Aufzug innerhalb von 40 Sekunden und unter enormem Stresspegel in ein adäquates Outfit werfen. Fast nicht störend: das fünfköpfige Kamerateam, das im Aufzug einfach mal die Hälfte an Platz versperrt und permanent nackte Ärsche vor der Linse hat. Weil es eine Team-Challenge ist, erklärt Thomas seinen „Girls“ auch nochmal alles auf seine Art: „Im Freight-Elevator muss auf Clothing-recks ein moderner Look gepickt und schnell genug gechanged werden, um als Winner aus dieser Challenge zu gehen.“

 

Auch Heidi steuert eine Erklärung für die Sinnhaftigkeit dieses Trainings bei: „Bei einer Modenschau ist das auch gang und gäbe, da muss man sich auch, ich weiß nicht wie oft, umziehen“. Dass sie das nicht so genau weiß, wie oft man sich bei einer richtigen Modenschau so umziehen muss, glaub ich ihr aufs Wort, da mir und dem Rest der Modewelt bis auf „Victoria‘s Secret“ keine einzige Modenschau einfällt, bei der sie je gelaufen ist. Und bei Thomas Gottschalk natürlich. Man will ja nichts unterschlagen.

 

Die Challenge war für die Produktionskosten jedenfalls teuer – nicht nur weil endlich andere Kleidungsstücke hergenommen wurden als die von „Lidl“ oder „Fussl“, auch weil Influencerin Caro Daur eingeladen wurde und in ihrer dreiminütigen Fernsehpräsenz wahrscheinlich mehr Gage einheimste als Brunas Untertitler während der ganzen Show, und der hat wirklich einen harten Job.

 

Ich will Schnaps!

 

Bruna, die die Woche eh schon kein leichtes Leben hatte – Job nicht bekommen, beim Shooting nicht genug Spaß gehabt und jetzt auch noch Streit mit Sally – ist am Verzweifeln und frisst aus Verwirrung eine Mango mitsamt Schale. Jetzt setzt sie alles auf den Entscheidungswalk. Aber auch da meint  es das Schicksal nicht gut mit ihr, denn sie bekommt von der Maskenbildnerin gigantische rote Punkte ins Gesicht gemalt, als wären bei ihr die Masern ausgebrochen. Und zu allem Überfluss setzt Heidi noch einen drauf und verlautbart den Mädchen, dass 50 Prozent von ihnen heute wackeln werden. Die Frau weiß einfach wie man Sympathiepunkte sammelt. Meine Daumen sind oben.

 

Franziska mit dem Nasenring, die schon beim Catwalk-Training Modelgott Papis nicht von ihrem eigensinnigen Walk überzeugen konnte, ist nervös. Zur Beruhigung dürfte sie sich das eingeflößt haben, was Victoria vor dem Einhorn-Shooting verabreicht bekommen hat. Denn als sie so den Laufsteg entlang torkelt, ist ihre Darbietung alles andere als „Super Prêt-à-porter“, sondern eher „Super fett und Olé“. Heidi sieht das genauso und wirft Schwipsi-Franziska aus der Show. Mit ihr fliegt Isabella, die sich letzte Folge doch so sehr über Mayonnaise gefreut hat, weshalb ich ihr wünsche, dass es im Flieger zurück nach Deutschland auch welche gibt. Und irgendwie macht der Weltfrauentag auch mich zu einer versöhnlicheren Person, denn am Ende ertappe ich mich dabei, dass ich Sallys Frisur gar nicht mehr so scheiße finde, Victoria weniger hassenswert ist als anfangs vermutet und Klaudia mit K zu meiner Lieblingskandidatin mutiert. Man kann sagen was man will, aber wir Frauen halten zusammen. Das beweisen sogar die Weibis bei der finalen Aussprache von „Der Bachelor“, die im Nachhinein nur Gutes übereinander zu sagen haben, obwohl sie sich auf Sendung sogar als genetischen Sondermüll bezeichnet haben. Aber so sind wir Frauen halt, immer gut darin andere in Schubladen zu stecken und selbst alles daran zu setzen, ja in jede Schublade hineinzupassen.  

 

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