Abrakadabra – Geld gespart
Es war ein magisches Finale mit bezaubernd schönen Kandidatinnen. Zum ersten Mal war ich von der dargebotenen Finalshow wirklich begeistert. Heidi hat darauf verzichtet zu singen und stattdessen den Magier Hans Klok für die Eröffnung engagiert. Natürlich musste auch da Heidis Auftritt reichlich inszeniert werden, in Anbetracht dessen schon einmal via Helikopter die Final-Arena betreten zu haben; jedoch begnügte sie sich dieses Mal damit, schlicht ohne Vehikel ein paar Meter über dem Boden zu „schweben“. Da hat sie sich durchaus zu einer preisgünstigeren Alternative hinreißen lassen, die Prosieben nach der teuren Haarverlängerung, die sie bekommen hat, gerade recht kam. Auch dass fast ausschließlich Stargäste performten, die schon während der Staffel ihren Auftritt genossen, bewies aufs Neue, dass 2-in-1-Promipakete die Zukunft des erfolgreichen Sparens in TV-Produktionen sind. So wie die Leute, die bei der ORF-Morgenshow „Guten Morgen Österreich“ zu Gast sind, direkt zu „Daheim in Österreich“ und wenn sie Glück haben zur jeweiligen Bundesland-Sendung am Abend weitergeschickt werden.
Gut kalkuliert
Weil Drag Queens total „in“ sind und „Ru Paul’s Drag Race“ längst eine gefährliche Show-Alternative geworden ist, die auch in Deutschland einkehren könnte – vermutlich in einer etwas prolligeren Variante mit Olivia Jones als Leitfigur – hat Heidi die Chance ergriffen, all ihre „Freundinnen“ aus der Drag-Szene einzuladen, ihnen eine große Plattform zu bieten, und dabei bis in alle Ewigkeiten an sie zu binden. Ganz getreu dem Motto: „Sei deinen Freundinnen nah, aber deinen potentiellen Konkurrentinnen noch näher.“ Und auch Stuntman Ray wurde Heidi gefährlich. Um ihn nicht zu einer Vertical-Catwalk-Ikone heranwachsen zu lassen, wurde dieser kläglich gescheiterte Walk in der Finalshow wiederholt. Diesmal – oh Wunder – funktionierte das vertikale Herabschreiten einwandfrei. Schlicht aus dem Grund, weil sie gelernt haben, vorab den Schwerpunkt zu berechnen, und dabei erkannten, dass Stuntman Ray aufgrund seiner doch schweren Körpermitte möglicherweise Vorteile gehabt haben könnte.
Rankin + Kristian Schuller = Julian F. M. Stöckel
Auch beim Fotografen wurde auf Bewährtes zurückgegriffen. Rankin, bei dem man sich mittlerweile berechtigterweise fragen muss, ob der eigentlich jemals „Starfotograf“ war, bevor Heidi ihn bei „Germany’s Next Topmodel“ zu einem machte. Ähnlich wie bei Julian F. M. Stöckel, der so lange behauptete, ein berühmter Designer zu sein, bis es ihm alle glaubten und er ins Dschungelcamp einziehen durfte. Parallelen sind jedenfalls unbestreitbar: Als hätten wir vor GNTM schon jemals etwas von Rankin gehört gehabt. Wenn uns sogar Inge Prader oder Manfred Baumann ein Begriff sind, warum dann nicht jemand, der DER Fotograf schlechthin sein soll? Sehr verdächtig. Selbiges gilt für Kristian Schuller, der seine Aushängefotokataloge vorrangig mit Zwölftplatzierten unterschiedlicher Staffeln GNTM bestückt. Auch da frage ich mich: ist er einfach nur sympathisch bodenständig oder war sich auch Alessandra Ambrosio beim Dandy-Shooting nicht sicher, ob es sich hier um ein Casting für Nachwuchsmodels oder Nachwuchsfotografen handelt.
Weniger ist mehr
Generell gab es dieses Finale weniger – weniger Model-Awards, weil schon die eine Rede von Klaudia mit K für die „Beste Personality” Heidi den letzten Nerv kostete und die Modelmama drauf und
dran war den neuen Instagram-Star höchstpersönlich von der Bühne zu tacklen; weniger eigenartige „Final-Walks“ und Live-Fotoshootings mit seltsamen Männern hinter Vorhängen, weniger „Ich hab
verdient Germany’s Next Topmodel zu werden, weil“-Ansprachen und weniger geladene Models. So durfte nur die Top 10 eines jeden Teams über den Catwalk schreiten, aber auch da gab es Limitierungen.
Nämlich bei jenen Models, die anderen zum Verwechseln ähnlich sehen. Karoline aus Team Thomas etwa, die Trixi nicht nur im Shoot Out erlag, sondern auch als ihr bisschen schönerer Doppelgänger
hätte durchgehen können. Die wurde prompt zugunsten der Inka-Prinzessin Lis, die es gerade einmal drei Folgen weit schaffte, ausgeladen. Victoria Pavlas, die ja sowieso freiwillig aufgrund ihrer
angeblich nicht realitätsgetreuen Darstellung im Fernsehen entschied, nicht im Finale dabei sein zu wollen, gab ihren Platz der schüchternen Stephanie frei, die dann seltsamerweise in jeder
Backstage-Aufnahme im Vordergrund zu sehen war. So viel Air-Time hatte sie in der ganzen restlichen Staffel nicht.
Da Team Michael sowieso fast zur Gänze ins Finale einzog, waren die Einladungsskandale in diesem Team geringer gehalten. Friedlich blieb es auch, weil sich Heidi für weniger Juroren entschied,
nachdem sie akzeptierte, dass Wolfgang Joop und seine nicht einschätzbare eingeworfene Dosis an Substanzen nicht mehr live-tauglich sind. Und dem Mann dauernd zu erklären, wo er sich gerade
befindet, ihn irgendwelches Zeug über den Sinngehalt seiner Kollektion labern zu lassen oder ihn sogar vorgreifen zu lassen, wer jetzt fliegen wird, noch bevor Heidi es verkünden konnte – ja, das
tut sich die Modelmama auf ihre alten GNTM-Tage auch nicht mehr an.
Die Eliminierung
Zu unser aller Überraschung war Christina die Erste, die gehen musste. Und das obwohl sie wieder die Beste war. In ihrem Team zumindest, von dem jetzt nichts mehr übrig war. Sogar Buh-Rufe gab
es, als sie die Bühne betrat. Etwas, das ich nicht befürworte, aber gerade sie als oftmals gescheiterte Miss müsste doch wissen, dass es auch ein bisschen auf Sympathie ankommt. Ein klitzekleines
Bisschen zumindest. Und auf Instagram-Follower, die nicht unbedingt mit Sympathiewerten übereinstimmen, siehe Österreicherin Zoe, die trotz schwerstem Rumgezicke gerade bei 156 Tsd. Followern
angekommen ist. Verstehe ich persönlich ja überhaupt nicht – folge ihr trotzdem. Christina battlet sich was Instagram betrifft eher am unteren Ende mit dieser einen Person, die unglaublich weit
gekommen ist, wir aber bis heute nicht wissen warum.
Julianna, die wir eigentlich alle aufgrund ihrer falschen Selbsteinschätzung schon längst auf Platz vier vermutet hätten, haute uns dann doch noch einmal aus den Socken. Was hat die für eine
Bomben-Figur??? Wie ist das möglich? (Frage ich mich und schiebe mir das achte Stück Vollkorn-Pizza in den Mund, nachdem ich Riffle-Chips zur Vorspeise hatte.) Auch meine Freundinnen sind
entsetzt über diese Perfektion an Körperbild und stoßen darauf gleich mit einer Handvoll „Schokobons“ und ein paar Gläsern Rosé an. Ja, ist schon unfair, wenn man selber alles für den „Victoria’s
Secret“-Body tut und er will und will nicht werden. Aber Julianna ist ja auch mehr als zehn Jahre jünger – damals vor zehn Jahren, da haben wir auch noch alle so ausgesehen. (Und setzen bis zum
Ende unserer Lebtage alles daran, jedes Foto, das älter als sechs Jahre ist, vor jeglicher Öffentlichkeit zu verstecken. Zu tief sitzt der Schock über Hüfthosen unter deren Glocke eine ganze
Familie hätte hausen können, die Annahme, dass schlecht gemachte Smokey Eyes alltagstauglich sind und die seitlichen Stirnfransen, die niemals so fielen, wie Stirnfransen hätten fallen sollen.)
Weil auch Heidi merkt, wie unfassbar gut Julianna in den Final-Outfits aussieht, belegt diese am Ende tatsächlich Platz zwei. Pia musste sich als Dritte geschlagen geben. Wird also noch ein
Zeiterl dauern, bis Deutschland sein erstes kurviges Model in einer Sendung kürt, wo nicht dauernd mit der flachen Hand auf den vollen Po mit den Worten „Schüttel deinen Speck“ geklatscht wird.
(Apropos „Curvy Supermodel“ – die Dreharbeiten dazu dürften gerade in vollem Gange sein und Peyman Amin hat es geschafft, aus der nächsten Model-Jury entlassen zu werden.)
Toni for Queen
Dass man beim Finale nicht die beste Leistung bringen muss und trotzdem gewinnen kann, wurde uns jetzt schon einige Male bewiesen. Und so räumt Toni den begehrten Titel ab, wenn auch ihr Vertical-Catwalk ein bisschen holprig im Vergleich zu Pias und Juliannas wirkte. Allerdings kamen meine Freundinnen und ich nicht umhin dauernd zu betonen, wie königlich sie nicht aussieht. Und siehe da! Toni hat tatsächlich blaues Blut in ihren Adern und soll von einer Königsfamilie aus Nigeria abstammen. Jackpot, Heidi. Besser hätte es gar nicht laufen können, in einer Zeit, in der die Royals so im Trend liegen wie Drag Queens in Shows einzuladen. Wer braucht schon Harry und Meghan, wenn man auch Toni und Morgan McMichaels haben kann?
Farewell my dear
Insgesamt wurde also viel gespart und damit auf viele Fehlerquellen verzichtet. Man bedenke nur, als das Finale kreativerweise auf Mallorca verlegt wurde und sich dann gerade einmal drei Leute ins Publikum verirrten. Da ist es doch besser zu Hause zu bleiben, wenn nicht gerade eine Bombendrohung die Party hochgehen lässt. Und der Show? Der tat diese Sparmaßnahme keinen Abbruch. Selbst auf den lang ersehnten „Tokio Hotel“-Act zu verzichten, war sicher die bessere Strategie, als sie mit einem ihrer neuen „Hits“ gegen die Wand fahren zu lassen. Stattdessen wurden sie anschließend bei „red“ zum Interview gebeten, wobei Bill das Mikrofon an sich riss und fälschlicherweise davon ausging, dass auch nur eine einzige Person das Interview verfolgte um Neues von „Tokio Hotel“ zu erfahren. Cro wiederum dachte, er könnte Backstage in Ruhe mit seinem eingerauchten Freund chillen, bis Viviane Geppert sich dazugesellte und meinte, jetzt brauchbare Inhalte von dem Herren mit der Pandamaske beziehen zu müssen. Heidi, der die Einhaltung der genauen Sendeminuten schon während Klaudias Rede ein großes Anliegen war, hat mit Drehschluss fluchtartig die Bühne verlassen und war mit dem Drehbeginn von „red“ schon wieder jodelnd über alle Berge abgezogen. Warten doch „America’s Got Talent“ und ihre zahlreichen Model-Jobs, alle in Auftrag gegeben von Rankin, bereits auf sie. Und wir freuen uns auf ein Wiedersehen – im nächsten Jahr dann. Sind wir gespannt welcher Mann ihr da im Publikum zujubeln wird. Folgen wir der Tendenz, stellen wir uns innerlich schon mal auf den Hauptdarsteller von „Young Sheldon“ ein.
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