Germany's Next Topmodel - Staffel 14 Folge 3

Eine weitere Woche in Österreich. Die Mädels üben sich neben ihren Modelskills auch in klassisch österreichischen Ausdrücken – authentisch dargeboten von Heidi, und im Sexy-Sein. Und dann ist da auch noch eine ganz neuwertige Version des Anton aus Tirol, der mit seinen gigaschlanken Wadln die Mädels fast ihn den Wahnsinn treibt: Jordan Kale Barrett.

 

Heidi Jodel Klum

 

Nein, nein, nein! Ich ertrage das nicht. Schon als Heidi gemeinsam mit Superstarfotografin Ellen von Unwerth auf einem Traktor angeritten kommt, habe ich ein schlechtes Bauchgefühl. Sie wird doch wohl nicht… Nein, das macht sie nicht. Doch das macht sie! Nach nur zwei Sekunden Sendelaufzeit wieder den exakt identischen Jodler, den sie seit Thomas Gottschalks Model-Contest in jeder erdenklich möglichen Situation zum Besten gibt. Nur „America’s Got Talent“ kann aufatmen, nach Heidis Ausstieg nicht weiter mit dieser einzigartigen Gabe beglückt zu werden. Und das abgesetzte „Project Runway“, in dem Heidi siebzehn Staffeln lang immer dieselben zwölf Sätze sagen musste, nur um Schlimmeres zu vermeiden. Schlimmer ist zum Beispiel, wenn Heidi Österreichisch spricht, aber auch davon lässt sie sich in dieser Folge nicht abbringen. „A Brrottzeitn moch mo! Wir mochn a Brrottzeitn mit dir!“ ruft sie etwa einem Model auf der Alm entgegen. Ich gehe davon aus, dass sie eine Brettljause meint, der Hartwurst nach zu urteilen, die sie sich später in den Mund schiebt, aber gut. Solange sie Stylistin Wendy Iles nicht überzeugt, ihr in Zukunft einen Oarchkatzlschwoaf statt einem Pferdeschwanz zu binden, ist noch nichts verloren.

 

Sexy sein gehört sich einfach nicht

 

Was uns ebenfalls zu Beginn erschüttert: Man ist von dem Konzept, die einzelnen Episoden in „Editions“ einzuteilen, auch heuer nicht abgekommen. Diesmal steht – wie jedes Jahr, die „Sexy Edition“ auf dem Programm. Wobei ich mich frage, wo das Nacktshooting dann zugeteilt werden soll. „Naked Edition“ wäre schon hart bei der Jugendschutzbehörde durchzubringen, aber „Body Edition“ – das könnte gehen.
In der „Sexy Edition“ üben sich die Mädchen also im Sexy-Sein. Allerdings ähnlich talentbefreit wie Selma Blair alias Cecile in „Eiskalte Engel“. Was ich daran liebe ist, dass es Heidi nicht nur schafft, die Emanzipation der jungen Frau mit nur einem Fotoshooting in Frage zu stellen, sondern auch eine ganze jahrhundertelang hart schuftende Berufsgruppe. Denn die Mädchen müssen als fleißige Bäuerinnen posieren. Allerdings im Stil der Austro-Jungbauernkalender, die heuer wieder ein einzigartiges Werk vollbracht haben – ich sage nur: eine barbusige Achtzehnjährige, die mit nassen Haaren in einem Gewächshaus Kisten schleppt. (Schön ist aber auch die in SM-Dessous gekleidete Person, die Holundersaft aus dem Keller holt.)

 

Auch wenn ein Dessous-Shooting nun wirklich keine mehr verwundern kann, gibt es doch wieder ein paar Ausnahmen. „Sexy sein gehört sich einfach nicht!“, sagt Inderin Sayana etwa, ohne dabei ihren Jobwunsch als Model auch nur eine Sekunde lang in Frage zu stellen. Außerdem hat Sayana ihre Rechnung ohne Heidi gemacht, denn die ist dafür bekannt, immer eine lustige Überraschung parat zu haben – diesmal in Form eines Mehl-Models, um es in Lautschrift auszudrücken.

 

Bauer sucht Model

 

Und auch hier sage ich:Nein, nein, nein. Wir haben alle noch niemals von diesem Stern am Testosteronhimmel Jordan „Grünkohl“ Barrett gehört. Vielleicht aber auch, weil ich a) in der Vorschau dachte, es handle sich um eine stämmige Kandidatin in Lederhosen, die es einfach noch nicht vor die Kameralinse geschafft hat, (wäre auch nicht das erste Mal) und b) mich dessen Gesichtszüge höchstens an die meiner dreieinhalbjährigen Nichte Marie-Sophie erinnern und das schlicht nicht der „Typ Mann“ ist, dem ich auf Instagram nachsabbern würde. Erst die Stimme macht mir bewusst, dass in diesem Körper ein gewaltiger Hauch Männlichkeit innewohnt – wo wir auch gleich bei Tatjana wären, für die selbiges gilt und die als Erste dran ist. Es wird in Strapsen Erdäpfel geschält und mit einer Hand am Po der Boden gefegt. Der klassische Alltag einer Bäuerin, der uns in all den Folgen „Bauer sucht Frau“ scheinbar unterschlagen wurde. Die Landwirtschaftsindustrie wird GNTM danken, endlich eine korrekte Darstellung im deutschen Fernsehen zu bekommen. Wo das Bauern-Dating-Format dann doch als Grundlage der Recherche dient, sind die Dreier-Konstellationen, die kurz darauf fotografisch festgehalten werden. „Ihr tut so, als wärt ihr eifersüchtig und dann kannst du ein bisschen auf sie spritzen“, höre ich plötzlich Ellen von Unwerth sagen und hoffe inständig, dass sie das nicht zu Jordan gesagt hat. „It’s just Bang, Bang, Bang“, bestätigt Jordan, der von so viel Busen und Bein auch schon völlig übermannt zu sein scheint.

 

Zeigt her eure Zitzchen, zeigt her euren Mut und schauet den fleißigen Bäuerinnen zu!

 

Die Annahme, dass es auf der Alm keine Sünde gibt, wird auch mit den nächsten Satz stark strapaziert. „Komm her mit deiner Zitze!“, schreit auf einmal jemand im Hintergrund, der gottseidank nicht Ellen von Unwerth mit einer neuen Foto-Idee ist. Es ist Heidi, ein weibliches Hausrind verfolgend, die als waschechte Österreich-Kennerin nicht nur ausgesprochen gut jodeln, sondern auch Kühe melken kann. Ist ja auch selbstverständlich, dass jede Kuh, die auf der Weide rumsteht, eine Milchkuh ist, die in Kürze ein Kalb werfen wird – wobei werdende Mütter unter sich da  meistens ein besonderes Gespür haben.


Model Luna kann indessen dem ganzen Shooting-Konzept nichts abgewinnen und stellt die Authentizität der Bäuerinnen-Uniform in Frage. „Es ist so gar nicht traditionell, sondern eher so ein Leo-Nutti-Scheiß!“, klagt sie und spricht aus, was ich mir Jahr für Jahr beim Betreten des Neustifter Kirtags denke. Auch Catharina, die nur durch Joops Wildcard in die nächste Runde kam, merkt, dass es hier besser ist, nicht zu viel nachzudenken. Andererseits kann man auch nicht bei vollem Bewusstsein sein, wenn man im Tiefwinter, nur in Dessous bekleidet, auf einem Strohballen reitet und Spaß dabei hat.

 

Wenn der Hühnerhaufen im Kuhstall laufen übt

 

Beim Laufsteg-Training am nächsten Tag gilt es ebenfalls sexy zu sein. Auch wenn das Publikum fünfzehn Weiderinder mit Verdauungsproblemen sind. Die sind zumindest ehrlich und lassen einen fahren, wenn ihnen die sexy Performance ihrer Bäuerinnen missfällt. Auch Rohdiamant Jasmin gibt alles. „Schnarch! Laaangweeeilig!!!!“, motiviert sie Heidi. Also wird eine Team-Challenge aus dem Ärmel geschüttelt, um den Druck noch ein bisschen zu erhöhen. Im Kampf Team Luxushotel vs. Team Hütte kann Team Hütte den entscheidenden Punkt durch einen grenzwertigen Epilepsie-Walk von Luna holen. Der Preis: Nach einem ganzen Tag voller Heidi-Motivation – ein Abend mit Heidis spannenden Lebensweisheiten! Die Begeisterung hätte gedämpfter nicht sein können. Aber Heidi eröffnet ihnen, sie heute so richtig ausfratscheln zu dürfen, wenn es schon kein Society-Journalist mehr tut. Also fragen die Mädchen in ihrer Unbeholfenheit, wie Heidi es schafft, Familie und Job unter einen Hut zu bringen. Etwas, das alle sechzehnjährigen Mädchen dieser Welt tagtäglich beschäftigt. Aber es gibt auch Licht am Ende des Tunnels, denn es soll noch eine weitere Überraschung geben. Gott, lass es kein Jodelkurs sein. Es ist eine Digitalkamera. Super praktisch – sind Handyfotos heutzutage qualitativ wirklich zum Kotzen.

 

Heidis Miracle Morning

 

Beim Entscheidungswalk müssen die Nachwuchsmodels als Schneeflocken verkleidet unter Beweis stellen, wie sexy sie in Moonboots und Gelfrisuren des Grauens walken können. Davor beschließt Heidi, die Mädchen backstage zu besuchen und gute Stimmung zu verbreiten. Dann aber entscheidet sie sich doch lieber spontan für einen Gruppenanschiss. Und wundert sich, wenn ihre Tipps nie auf positive Resonanz stoßen.
Auf dem Laufsteg selbst legen die Models überraschenderweise keine Glanzleistungen hin – wie immer, wenn Heidi sie zuvor mit motivierenden Worten heimgesucht hat. Ellen findet überhaupt nur den Deko-Schnee toll. Zumindest aber bei Theresias Performance erkennt sie an, dass diese „etwas vorgeschlagen hat“. In anderen Worten: „Du hast es versucht. Kläglich.“
Das mit dem Sexy-Sein will bei Kandidatin Maria ebenfalls nicht klappen und sie fliegt. Nur weil sie ein Shooting verpatzt hat, mault die. Richtig. Nur das eine Shooting. Und ein Catwalktraining. Und einen Entscheidungswalk. Aber wenn’s weiter nichts ist. Außerdem muss die einzig Rothaarige von dannen ziehen – die Chancen stehen also gut, dass beim Umstyling mindestens eine die obligatorische rote Mähne verpasst bekommt, die ein jeder Topmodel-Cast benötigt. Und ich weiß auch schon, wer das ist, hat die es nämlich bis auf die amfAR-Gala geschafft.

 

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