Germany's Next Topmodel - Staffel 14 Folge 4

Diese Woche heißt es Marktwert steigern! Alles dreht sich um Likes, Schlagzeilen und Fans – und nein, es handelt sich nicht um einen Tagebucheintrag von „Dschungelcamp“-Teilnehmer Domenico de Cicco, sondern um Folge vier von „Germany’s Next Topmodel“. Wer also wird der neue Star am Instagram-Himmel? Und wer schafft es in die nächste Woche und darf, nachdem das Umstyling vollbracht ist, wieder ohne Vollverschleierung Interviews geben?

 

Hätten sie sich mal besser ein paar Tipps bei Mörtel geholt

 

Social Media ist nicht jederfraus Sache – manche lieben die sozialen Netzwerke, manche hassen sie, manche lästern über jene, die sie lieben, ohne aber trotzdem täglich eine gehörige Portion davon zu konsumieren und andere meiden sie völlig. Alles legitim – nicht aber bei GNTM, denn da will der Umgang mit den neuen Medien gelernt sein. Ist es schließlich bald das Haupteinkommen all jener, die nicht in völliger Medienversenkung verschwinden.
Und wer würde sich in Medienbelangen besser auskennen als … Winnie Harlow …! Oder auch nicht. Denn wenn schon von „mehr Stars“ die Rede ist, hätte man zumindest Kim oder Kylie Kardashian einchecken können, die ein ganzes Imperium durch gut gefilterte Bilder und schlecht produzierte Pornos geschaffen haben. So schwer kann das schließlich nicht sein, hat es sogar Richard Lugner zusammengebracht, die Gute in den 15. Wiener Gemeindebezirk in eine Baracke von Shopping-Center zu kutschieren.

 

Amis just don’t wann have fun

 

Obwohl in dieser Staffel wirklich alles anders ist, geht es dann doch nicht ohne Teams, und so werden die Mädchen, in zwei Gruppen aufgeteilt, auf dem Hollywood-Boulevard ausgesetzt, um authentisch-lustige Videos für ihre Fans zu „produzieren“. Ja, wir nennen das „produzieren“, wenn wir total unbeholfen irgendwas in die Frontkamera unseres Mobiltelefons stammeln und es dann mit der Welt teilen. „Man kann seinen Marktwert einfach steigern, wenn man für seine Follower interessant ist“, verrät Heidi. Sie muss es ja wissen, die prinzipiell nur die Hinterköpfe ihrer Kinder und Nasenhaare ihres Verlobten online stellt und sonst scheinbar das restliche Jahr am Jury-Pult von „America’s Got Talent“ verbringt.

 

Die beiden Teams müssen, hip wie die Prosieben-Redaktion ist, jeweils einen Hashtag darstellen. Team #couplegoals plant einen Heiratsantrag mit lauter lustig jubelnden Amerikanern im Hintergrund. Nur haben die sonst so aufgeschlossenen Amis irgendwie keinen Bock auf Spaß und gehen den kreischenden Damen eher aus dem Weg. Vanessa reißt sich in ihrer Verzweiflung den Verlobungsring vom Finger und bittet einen Wildfremden ihrer Teamkollegin einen Antrag zu machen. Mutig! Aber bei der niedrigen Kriminalitätsrate, die Amerika verzeichnet, auch wieder in Ordnung. Dass die Mädchen einfach im Jahr 2019 hätten ankommen können, in dem auch ein Mädchen um die Hand eines anderen Mädchens anhalten kann, wäre natürlich auch eine Lösung gewesen – eine dezent sicherere, zumindest was den Wareneinsatz betrifft.

 

And the Oscar goes to…

 

Team #partyintheusa hat zwar weniger Schwierigkeiten Personal aufzutreiben, allerdings mangelt es Teamleaderin Simone klar an Social-Media-Kenntnissen. Und trotzdem lässt sie es sich nicht nehmen, gemeinsam mit den Mädels ihre Insta-Story abzufeiern, als hätte Sie gerade die finale, achte Staffel „Game of Thrones“ abgedreht. Andererseits: so energiegeladen will ich auch mal sein, wenn ich mit Geschirrtuch im Kragen, beim abendlichen Salat-Essen, wieder etwas in die Kamera labere und dann mit der Öffentlichkeit teile.

 

Die Freude ist jedoch enden wollend, als Simone bei der Filmpremiere klar wird, dass sie die Kamera verkehrt rum gehalten hat. Mein persönlicher Verteidigungsmechanismus wäre ja gewesen, dass es sich dabei um einen stilistischen Kunstgriff handelt, bei dem die Konvention der Insta-Plattform wortwörtlich auf den Kopf gestellt wird, aber dafür reicht die ausgeschöpfte Kreativität nach diesem anstrengenden Drehtag nicht mehr.

 

Warum uns der Heilige Martin künftig gestohlen bleiben kann

 

Für die Gewinner, die es wie jeder viermonatige Säugling dieser Welt geschafft haben, das Handy richtig herum zu halten, gibt es nicht nur einen vorzeitigen Einlass in die Model-Villa, sondern auch eine Garage voll Kleidung! Die Mädels rasten aus. Natürlich nicht so sehr wie beim Hüttenabend mit Heidi – denn das war der ultimative Hauptgewinn, aber schon ein bisschen. Als die Garage sich öffnet, bleibt mir jedoch der Bissen von meinem Magnum Double Raspberry im Hals stecken. Denn ich erspähe ein „L“ auf der Gratis-Garderobe! Aber Entwarnung! Es sind nicht Heidis Restbestände aus den letzten dreizehn Lidl-Kollektionen, sondern tatsächlich eine Marke, die nicht Gefahr läuft, sich jederzeit grundlos selbst zu entzünden: „Levi’s“.  

 

Enisa, die gute Seele, hat Mitleid mit den anderen Mädchen und teilt ihren Gewinn. Etwas, das absolut niemand mit mittelmäßigem Einkommen tun würde, der keinen Bock mehr hat, dass einem die kürzlich gekaufte „Zara“-Jeans plötzlich an der Wade aufplatzt. Und zwar wirklich niemand! Außer Simone, denn die hätte ALLES geteilt, wie sie behauptet. Einfach ALLES! Nur nicht ihre Freude für das Gewinnerteam. Simone achtet nämlich prinzipiell auf ALLE. Weshalb sie auch im späteren Verlauf der Sendung ALLE Mädchen als Fotzen bezeichnen wird. Ja, da kann der Heilige Martin mit seinem Mantel wirklich scheißen gehen dagegen.  

 

Qualitätsjournalismus hat einen Namen: Bauer! Julia Bauer!

 

Makellose Medienpräsenz ist auch am nächsten Tag von großer Bedeutung, denn der unliebsamste Gast der Staffel – mal abgesehen von diesem schlecht gelaunten Chinesen, der die Mädchen im Vorjahr fotografierte – steht vor der Tür: Julia Bauer. „Man kennt sie aus der ‚Bunte‘“, erklärt Lästerschwester Simone. Nein, meine Liebe, man kennt sie nur aus GNTM. So wie neunzig Prozent aller anwesenden Gastjuroren auch.

 

Kandidatin Sarah beschließt als wahrer Medienprofi, Simones verbalen Ausrutscher nicht nur vor der Kamera zu thematisieren, sondern vor Frau Schlagzeile Julia Bauer höchstpersönlich. Hat sich so ein Bitch-Fight in den Medien immer schon gut auf das Image ausgewirkt. Spielerfrau Catharina hat ein anderes Problem mit der „Journalistin“ – stellt die doch wirklich Fragen zu ihrem Fußballer-Freund Felix Götze! Dabei hat sie doch so eine tolle Familie – kann man nicht daran interessiert sein? An Papa Bertrams letzter Hämorrhoiden-Entfernung zum Beispiel? Theresia hat kein Problem damit, über ihren Freund zu sprechen und erntet die Schlagzeile: „Sie verrät alles über ihren 27 Jahre älteren Freund Thomas“. Heidi findet diesen wertvollen journalistischen Beitrag nicht schlimm. Und das obwohl sie mit älteren Männern in letzter Zeit eher weniger zu tun hat.  

 

Das Universum hat es auf euch abgesehen!

 

Um den Mädels noch weitere klischeebehaftete „Frauenberufe“ aufzuzeigen, dürfen sie sich beim Fotoshooting diesmal als außerirdische Flugbegleiterinnen versuchen. Der Clou an dem Ganzen: Alle Fotos werden auf Instagram geladen und das mit den meisten Likes, gewinnt. Leonela ist besorgt – gibt es hier schon einige Mädchen, die im Internet total erfolgreich sind. Enisa zum Beispiel! „Nein, nein. Keinen Fall, ich nicht“ weist die Frau mit der läppischen Anzahl von einer halben Million Follower zurück. Auch die anderen Mädchen finden die Situation unfair, aufgrund von Likes beurteilt zu werden – wer tut denn sowas heutzutage? Steht die Anzahl der Follower ja auch nur deshalb auf den Sedcards, um den weniger erfolgreichen Models beim Casting Mut zuzusprechen. Deshalb, weil das Leben so fair ist, sind es ja auch prinzipiell nur noch die Töchter von irgendwelchen Vätern und Müttern, die die Laufstege und Leinwände dieser Welt bespielen. Hat es Bruce Willis‘ Tochter Rumer bestimmt nur aufgrund ihres anmutigen Wasserkopfs auf die Titelseiten diverser Frauenmagazine geschafft.  

 

Das ist Kunst!

 

Nach der sensiblen Klatschreporterin Julia Bauer, wartet bei der Entscheidung eine weitere Dame, die vor Sympathiewerten nur so strotzt: „Tempo“-Taschentuch-Designerin Marina Hoermanseder, die sich aufgrund ihrer bahnbrechenden Internationalität vom ö in ihrem Namen verabschiedet hat. „Ich kann es gar nicht glauben heute hier bei GNTM zu sein“, schwärmt sie, nachdem sie im vergangenen Jahr als Jury-Mitglied des österreichischen Pendants „Austria’s Next Topmodel“ beinahe Reality-TV-Selbstmord begangen hat. Weil sie aber tatsächlich eine  gefragte Designerin ist, deren Kollektionen Saison für Saison immer gleich unpraktisch sind, wenn es darum geht, darin auch sitzen zu können, nimmt sie die Models hart ran. Hier wird nicht gelacht über ihre Mode: „Das ist Kunst!“, warnt sie.  Immer schwierig, wenn man darauf hinweisen muss.

 

Kunst hin oder her, schließlich ist es sogar Heidi, die in Gelächter verfällt, als Enisa als lederne Babuschka verkleidet, über den Laufsteg tippelt (im Duden findet man zum Wort „tippeln“ übrigens die Erklärung: einen weiten, lästigen Weg zu Fuß gehen). Simone zieht überhaupt den Jackpot und bekommt neben einer als Rock getarnten Fußfessel auch noch einen Sichtschutz vor den Latz geknallt. „Fühl das Teil!“, rät Marina Hoermanseder. Unmöglich das nicht zu tun. Vor allem, wenn eine Kandidatin neben dir in Jeans und Tube-Top bekleidet, nicht sekündlich Gefahr läuft, vom nächsten Luftzug umgeschmissen zu werden.

 

Es tut mir leid, liebe Winnie, ich habe heute leider keine Wildcard für dich!

 

Heidi hat es angedeutet – nicht jeder Gastjuror wird in den demokratischen Genuss einer Wildcard kommen. Und weil die Modelmama jetzt schon drei Wochen lang irgendwelche Bälger mitschleppen musste, haut sie alle, die einst durch eine Wildcard gerettet wurden, mit einem Schwung raus. Aber es kann nun mal nur eine „Germany’s Next Topmodel“ werden. Und nur eine kann – das ist neu – Testimonial für die „Palmolive Duschgel Limited Edition“ werden. Klingt armselig, aber  nicht ganz so armselig wie der Gewinn eines Pappaufstellers in der „Hofer“-Filiale, wenn wir uns an „Austria’s Next Topmodel“ erinnern. Aber da kann Frau Hoermanseder bestimmt mehr dazu berichten.

 

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