Germany's Next Topmodel - Staffel 14 Folge 6

Bauch rein, Brust raus

 

Die Woche startet mit dem ersten, richtigen Modeljob, bei dem sich wieder alles um die vielzitierte „Personality“ dreht. Der Kunde ist niemand geringerer als „Oneeinsfab“-Dauerbucher „About you“. Ein Onlineshop, der faszinierenderweise exakt dasselbe Angebot wie „Zalando“ hat, jedoch sich dazu entschieden hat, nur mit ausrangierten Reality-TV-Stars zu werben. Eine davon: Ochsenknecht-Ex Bonnie Strange, die gemeinsam mit dem Casting-Direktor nicht mehr von den Mädchen abverlangt, als ihre ganze Seele zu offenbaren. „Verstellt euch nicht, seid authentisch und zeigt uns, wer ihr wirklich seid!“, ist in etwa die Aufgabenstellung. Allerdings haben die beiden vergessen hinzuzufügen, dass Persönlichkeitsoffenbarung nur dann erwünscht ist, wenn es sich um eine selbstbewusste Frohnatur handelt, was scheinbar die einzige Art von Persönlichkeit ist, die in der Modeindustrie als solche anerkannt wird.

 

Also Bauch rein, Brust raus, und zur Abwechslung 100 Prozent für diesen Kunden geben, von dem spätestens nach Drehschluss sowieso ein Angebot eintrudelt. Dicht gefolgt von diesem Kokosnuss-Pflegeprodukthersteller „Hello Body“, dem „Kotanyi“-Konkurrenten „Just Spices“ und dem sich noch immer standhaft auf dem Markt haltenden „Fit tea“.

 

Wenn sich FEMEN wieder bei GNTM einschleicht…

 

Da die Models aber schon nach sechs Wochen so angefixt sind, jeden Befehl unhinterfragt zu befolgen, scheinen die Mädchen den Teil mit „Brust raus“ zu wörtlich zu nehmen. Vanessa zum Beispiel entscheidet sich dafür, ihre Personality am besten zur Geltung zu bringen, wenn sie am Laufsteg vor dem Kunden oben völlig blank zieht. Gottseidank blieb die Hose, derer sie sich auch entledigen wollte, auf Hüfthöhe stecken. Die tiefgründige Botschaft dieses wortwörtlichen Seelen-Striptease blieb mir jedoch verborgen. Jasmin entscheidet sich für eine ähnliche Interpretation. Während sich Kontrahentin Simone „No Make Up“ quer über die Brust schreibt, hat auch Jasmin das Bedürfnis irgendetwas mit ihrer Oberweite anzustellen. Also sprüht sie sie mit Farbe an. Könnte „No milk“ heißen, könnte aber auch gar nichts bedeuten. „Sehr inspirierend“, hilft sich der Kunde über die eigenartige Selbstdarstellung hinweg. Damit aber nicht genug: Jasmin möchte noch mehr ihrer reizenden Persönlichkeit zum Ausdruck bringen und malt sich ein Herz auf den Fuß. Weil sie so liebevoll ist, wie sie sagt. Oder weil sie es liebt, mit ihrem Fuß auf Dinge zu treten. Was sie in dieser Folge erneut nicht unterlassen kann.

 

Sayana stellt sich besser an und begrüßt den Kunden mit diesem deutschen Gruß, den ihr Heidi beim Casting beigebracht hat. Und Jackpot! An fremde Kulturen anpassen, war schon immer ein gewinnbringendes Asset. Und als sie sich, inspiriert von der freizügigen Mentalität ihrer deutschen Konkurrentinnen, noch ein dickes „Proud“ in den Schritt malt, ist dem Kunden klar: Das Model muss ich haben.

 

Nachts am Würstelstand

 

Außerdem freuen darf sich Simone alias „Simi“, die sich sogleich nach dem ergatterten Job irgendwas Fettiges reinzieht, weshalb sie sich wenige Stunden später ins Krankenhaus einliefern lässt. Diagnose: Magenkrampf. Ein Grund mehr, den Mädchen endlich etwas anderes als Wassermelone am Set zu servieren, aber auf mich hört hier keiner.

 

Das Mitleid der anderen Mädchen hält sich in Grenzen. Werden die doch wohl nicht nachtragend sein, nur weil Simi sie gesammelt als Fo**en bezeichnet hat? Ein bisschen mehr Empathie könnte schon drin sein – ist schwerverdauliche Nahrung wirklich eine Zumutung! Vor allem wenn es einem nach dem nächtlichen Suff-Besuch am Würstelstand tags darauf wieder bewusst wird. „Mädchen, ich hab sogar eine Spritze gekriegt!“, verteidigt Simi den Ernst ihrer gesundheitlichen Lage. Noch so etwas, das einen nachts am Würstelstand - vor allem in Karlsplatz-Nähe - ereilen kann.

 

Heidi hilft – Kapitel 327

 

Beim Fotoshooting der Woche, diesmal „Fashion Battle“ genannt, wird wieder mit Anglizismen um sich geschmissen. Denn es geht um „Character“ und „Personality“. Thomas Hayo wäre stolz auf sein multilinguales Vermächtnis. Ziel ist, mit der Shooting-Partnerin auf dem Foto zu harmonieren, sich aber gleichzeitig gegen sie durchzusetzen. Eine schwierige Angelegenheit. Zum Glück ist Heidi da und erklärt, wie man sich mit einer anderen Person im Set bestmöglich arrangiert. Sie muss es ja wissen. War ihre letzte Shooting-Partnerin sie selbst in siebenfacher Ausführung! Eindeutig die Königsklasse des Partner-Shoots. Steht man sich doch meist immer nur selbst im Weg.

 

Im Kampf mit dem eigenen Ego steht zur Abwechslung auch Jasmin. Denn die beantragt kurz nach Beginn des Shootings mit Melissa eine kleine Auszeit von der werten Kollegin. Ein legitimer Wunsch, den ihr Melissa partout nicht erfüllen will und ihr dann im verzweifelten Kampf um ein gemeinsames Foto auch noch auf den Fuß steigt. Eine Zumutung. Wozu hat man schließlich diesen Photoshop, wenn man zwei Striche in der Landschaft nicht im Nachhinein ein bisschen näher aneinander rücken kann?

 

Wie lange dauert das bitte mit der Extradosis Selbstbewusstsein?

 

Die Gangart des Haute Couture steht beim Catwalk-Teaching auf dem Programm. Auch wenn keines der modeinteressierten Mädchen einen Tau hat, was diese „Hot Kuhtür“ eigentlich ist. Unnützer Ballast – reicht es zu wissen, wo man gerade lang und wieder zurücklaufen muss. Wobei sich selbst das regelmäßig als Hürde offenbart. Heidi hat sich die Beste der Besten geholt, um den Mädels die hohe Kunst dieses Walks zu verklickern. Und nein, es ist nicht sie selbst, trotz jahrelanger Laufsteg-Erfahrung, bei der ihr keine das Wasser reichen kann.  Wirklich keine. Außer vielleicht Christina aus der letzten Staffel. Aber selbst Christina, die das bestimmt sehr gut gemacht hätte, hat nicht die Ehre, die Models zu trainieren.

 

Stattdessen zeigt Zwei-Meter-Frau Toni Garrn, wie man ausdrucksstark untragbare Kleidung präsentiert. Und wie man nach jedem zweiten Schritt am zu kurz geratenen Crop-Top zuppelt. Während viele Mädchen die beschwerliche Aufgabe haben, ihre Schrittweite zu vergrößern, soll Justine lediglich in den vier Minuten des Auf-und-Ab-Laufens ihre schüchterne Persönlichkeit ablegen. Hat man ihr das jetzt wirklich schon oft genug gesagt.

 

Nur eine kommt auf das Cover der Harper’s Bizarr

 

Auch beim Entscheidungswalk ist Heidi genervt, dass sich Justine von Gestern auf Heute nicht in ein vor Selbstbewusstsein strotzendes Wesen verwandelt hat. „Wie lange kann denn das dauern, Justine?“, quengelt die Modelmama. Als Justine dann auch noch läuft, als wäre sie zuvor mit beiden Beinen in Zement getreten, sieht Justine rot. Und weint zur Abwechslung. So kommt man nicht auf das Cover der „Harper’s Bizarr“, wie der Sprecher es immer so schön betont.

 

Dass der Mangel an Selbstbewusstsein vielleicht an Heidis Anwesenheit liegt, zeigt sich, als Toni Garrn am Set eintrifft. „Und, du hast schön geübt?“, ruft ihr Heidi entgegen, was Toni direkt auf ihren eigenen Walk bezieht und ein paar Sekunden nicht weiß, was sie darauf antworten soll. Als Entschädigung für den kleinen Schock, bekommt Toni nicht nur eine Wildcard, sondern auch ein alles entscheidendes Votum, das uns wieder beweist, dass es nicht gut ist, wenn die Rechtsprechung vom Pöbel ausgeht. Denn schließlich ist sie es, die Jasmin in die nächste Runde schickt. Und Luna nach Hause. Die Mädchen werden es ihr danken.

 

 

 

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