Sebastian Preuss ist „Der Bachelor“ – Folge 1

Das härteste Casting der Welt


Wer beim weihnachtlichen Fondue-Schmaus noch nicht genug Frischfleisch abbekommen hat, der ist in der Jubiläumsstaffel von „Der Bachelor“ genau richtig! Hier werden serviert, die glänzenden, eingeölten – diesmal sogar pralleren und dralleren – Körper der neuen potentiellen Influencer-Generation. Hier in Viva Mexico beginnt nämlich keinesfalls nur der Kampf um die Liebe eines unbekannten Mannes mit Sixpack-Garantie, sondern das Casting für die wirklich lukrativen TV-Jobs unserer Zeit: „Bachelor in Paradise“, „Die Bachelorette“, „Sommerhaus der Stars“, „Dancing on Ice“ und der Olymp des TV-Dschungels „Ich bin ein Star, holt mich hier raus“. Wir als Zuseher lehnen uns zurück begeben uns in die Jury-Position – wägen ab, wem wir auch in Zukunft folgen wollen, welche Persönlichkeiten für Höheres bestimmt sind und welche vom blauen Häkchen auf Instagram mindestens genauso lange träumen werden, wie vom Auffinden der wahren Liebe.

 

„Der Bachelor“ in „Les Misérables“

 

Sebastian Preuss – ein Mann, der an die große Liebe glaubt und daran, dass ein richtiger Mann erst dann entsteht, wenn eine „gute“ Frau an dessen Seite ist. Alter: 29, Beruf: Kickbox-Weltmeister. So weit so gut. Doch bevor wir uns das Märchen vom makellosen Junggesellen spinnen, bricht die traurige Realität über uns herein. Denn die Ladies sind diesmal nicht die einzigen mit einem etwaigen Vaterkomplex im Handgepäck. Auch unser Sebastian wurde einst im Stich gelassen. Die Folge daraus: Schwere Aggressionsprobleme, brutale Schlägereien, einen Bruder, der mit einer Überdosis Schmerzmittel aus dem Leben schied und ein scheinbar ziemlich langer Aufenthalt ist der Justizanstalt. (Kurz überprüfe ich, ob ich gerade fälschlicherweise Köln 50667 auf TVNow streame, aber nein, wir sind hier tatsächlich beim Lebenslust-Format „Der Bachelor“.) Jesus Christus‘ Leidensweg in Mel Gibsons blutrünstigem Bibel-Drama „Passion Christi“ war also nichts gegen die Plattenbau-Jugend von Bachelor-Schönling Sebastian Preuss. „Wo rutsche ich jetzt hin?“, fragte sich das Knacki-Ich des Neo-Bachelors damals verständlicherweise auch selbst. Dass die Antwort RTL ist, überrascht bei der Biografie allerdings nur noch wenig. Sind wir an Herrschaften wie Menowin Fröhlich oder gar Ingrid van Bergen gewöhnt.

 

Greta wäre mit der Deutschen Bahn gefahren

 

Dass die Bachelor-Ladies auch heuer, nach allem was Greta Thunberg für diese Welt getan hat, noch immer in CO2-spuckenden Limousinen vorfahren, halte ich für eine Schweinerei. Hätte man zumindest zur Abwechslung einen Faxi-Fahrtendienst anheuern können, um dem auf Instagram vorgelebten healthy Lifestyle ein bisschen mehr Glaubwürdigkeit zu verleihen. Oder Elektro-Scooter – sind die doch gerade so en vogue.

 

Als en vogue offenbart sich heuer auch ein ganz besonderer Name: nämlich meiner! Nachdem im Vorjahr eine Jennifer das Herz des Bachelors für sich erobern konnte, fühlen sich 2020 auch alle anderen in Deutschland existierenden Jennys dazu bemüßigt, in dieser Show ihr Liebesglück zu versuchen. Fünf an der Zahl werden sich im Laufe der ersten Folge aus dem Auto hieven und dem Bachelor ihren Namen entgegenhauchen. „Du heißt also Jenny“, stellt er bei Jenny Nummer eins fest, ohne zu wissen, wie oft er diesen Namen heute noch aussprechen wird müssen. „Nenn mich einfach Jenny-Jasmin“, sagt sie. Wunderbar. Viel einfacher. Und inspiriert mich dazu, meinem Chef künftig vorzuschlagen, mich der Einfachheit wegen mit Frau Diplomingenieurin Magistra Hochwürden Jennifer anzusprechen, um ihm das Berufsleben ein Stückchen zu erleichtern. Getoppt wird das ganze nur von Namensvetterin Nummer zwei, deren Eltern der Name Jennifer zu „basic“ schien und den in Deutschland lebenden Jordans, Justins und Jasons eine Jenny-Fleur als entlastendes Mobbingopfer schenkten.

 

Ex-GNTM-Teilnehmerin Wioleta punktet zur Abwechslung nicht nur mit einem anderen Namen und naturbelassenem Gesicht, sondern legt die Taktik an den Tag, alles was sie sagt, gleich zweimal zu sagen. Macht mein Papa bei seiner neunundneunzigjährigen Mutter genauso und fährt damit bis heute ganz gut gehört zu werden. Sebastian findet’s ebenso praktisch und überreicht Wioleta später die erste Rose. Vielleicht auch weil sie eine der wenigen ist, deren Lebensgeschichte man sich noch erzählen lassen muss und die man nicht eigenhändig von der Nasenspitze bis zum Fersensporn anhand tausend Tattoos nachlesen kann. Österreicherin Birgit etwa ist sich bei der rauen Menge an Körperverzierungen nicht einmal mehr bewusst, dass das Datum, das sie auf der Schulter trägt, jenes ihrer Geburt ist. Vielleicht aber auch der Grund warum sie es tätowieren hat lassen. Und eine Möglichkeit meiner Nation wieder alle Ehre im deutschen Fernsehen zu machen.

 

Etikettenschwindel aufgepasst!

 

Brasilianerin Desiree, die man auch mit Brasilianerin Bruna von GNTM verwechseln könnte, macht beim Bachelor eine interessante Entdeckung, als dieser plötzlich verkündet, von Beruf eigentlich Maler und Lackierer zu sein. Bitte was? Das hat man natürlich in der Vorstellung des Lustobjekts rein zufällig verabsäumt zu erwähnen. Allerdings war das böswillige Vorenthalten des heftigen Sprachfehlers, der zwei Kinder und des steckengebliebenen Silberauges bei Ex-Bachelor Leonard Freier durchaus skandalöser. Trotzdem hätte ich persönlich eher darauf verzichtet, die Häfen-Vergangenheit von Sebastian hervorzukehren, als den ehrbaren Beruf des Malers. Hätte bei den Damen vielleicht auch für Beruhigung gesorgt und Denise-Jessica davon abgehalten, mit einem Tennisschläger zur Begrüßungszeremonie zu erscheinen. „Hoffe, du haust mir keine rein“, scherzt der Bachelor und kann nur hoffen, dass die frisch getrennte Yeliz Koc (die erste Kandidatin, die Bachelor Daniel Völz eine gezischt hat) nicht aus einem der nächsten Autos steigt.

 

Aber es ist nur Leah, die den Bachelor mit dem Abholer aus dem Produktionsteam verwechselt. Sollte der Casting-Abteilung des RTL zu denken geben. Vanessa fokussiert sich in ihrem minutenlangen Begrüßungsplädoyer lieber auf die wirklich wichtigen Dinge im Leben und schafft es, statt ihrem Namen und ihrem Heimatort lieber die Frage „Will you marry me“ unterzubringen. Etwas, das Männer bei der ersten Begegnung, mit einundzwanzig weiteren Frauen im Hinterkopf, immer gerne hören wollen. Sorgt auch auf Tinder für eine bahnbrechende Erfolgsquote, habe ich mir sagen lassen.

 

Von Kränkungen und Erkrankungen

 

In den zehn Minuten Sendezeit, die der Bachelor noch für die Nacht der Rosen zur Verfügung hat, muss dieser nun herausfinden, welche Frauen zu ihm passen könnten und welche nicht. Dass er bei dem Zeitdruck nicht allen zweiundzwanzig Damen beim Zuprosten in die Augen blicken kann, stößt einer besonders sauer auf. Denise-Jessica. Die Frau mit dem Tennisschläger, mit der er sich zuvor eigentlich nicht anlegen wollte. Dann lieber schnell eine Rose überreichen. Natali, die Frau ohne h und ohne e, erkämpft sich als ehemaliges DSDS-Sternchen mit einer Kostprobe ihrer Gesangskünste Mitleidsrose Nummer zwei. „Toll, trotz Heiserkeit hast du dich bewiesen!“, lobt Sebastian die keineswegs von einer Erkältung geplagten Natali, deren Stimme schon bei DSDS immer so geklungen hat.

 

„Was bist du so für ein Mensch“, fragt eine andere bei Sebastian interessiert nach. „Eher so Familie oder Karriere?“ „Ich bin keiner so für … Fidelalala“, äußert sich der Bachelor eloquent und lässt spätestens jetzt die bitteren Nachfolgen von permanenter körperlicher Erschütterung erahnen. Die Damen verstehen – anders als ich – diesen Bachelor-Neusprech jedoch einwandfrei, nicken verständnisvoll und machen es dem Bachelor noch schwieriger, eine Entscheidung zu fällen. „Alle waren, glaube ich, mega unterschiedlich“, grübelt Sebastian. Alle. Bis auf das Drittel Jennys und das gruselige Zwillings-Paar, das dann aber auch sogleich zurück nach Deutschland fliegen darf. War die RTL-Redaktion scheinbar die einzige mit abartigen sexuellen Gelüsten hier.  Neu ist bei der Rosenvergabe, dass das nervöse Getuschel der Ladies jetzt untertitelt wird, um auf ja kein „Oh mein Gott“ und „Fuck. Fuck. Fuck.“ verzichten zu müssen. Außerdem mussten sich die Mädels mit einem schüchternen „Ich?“ jedes Mal rückversichern, ob auch wirklich sie gemeint sind. A) Weil der Bachelor trotz mehrfacher Dopplung die Namen der Mädels noch so gar nicht draufhatte und B) weil – wie erwähnt – fünf Jennys und drei Jessis im Raum sind und keine davon die Heimreise antreten wird müssen. Wir sind also gespannt, welche Jenny oder Jessi am Ende das Rennen machen wird und wenn’s nur für ein bisserl Fidelalala ist.

 

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Kommentare: 1
  • #1

    Frida (Donnerstag, 09 Januar 2020 21:02)

    Superlustig! Wie immer!! Musste gerade im Ü-Wagen laut lachen... Hahahah
    Bussi