Germany's Next Topmodel - Staffel 15 Folge 9

Modelmama Heidi Klum liebt das Drama. Und doch schlägt ihr der plötzlich offiziell eröffnete Dauer-Zickenkrieg ihrer Models auf den Magen. „Ich hätte nie gedacht, dass es hier unter den Mädchen so schlimm zugeht“, leidet sie und dürfte verabsäumt haben, dass ihre vielzitierten Mädchen in der letzten Staffel sogar handgreiflich wurden. Wer soll da ahnen, dass es auch heuer eventuell Streit geben könnte? Vor allem wenn die Produktion so darauf bedacht ist, jegliches Konfliktpotenzial zu vermeiden, wie gleich die ersten zehn Minuten von Folge neun zeigen.

 

Hamstern wie die Topmodels

 

Während man sich in Deutschland aktuell um jeden Fetzen Klopapier reißt, heben beim Betreten der Modelvilla zumindest etwas ansehnlichere Produkte jegliche Grundlagen des zivilisierten Lebens auf. Gratis PR-Samples soweit das Auge reicht! Dafür kann man sich schon mal gegenseitig niedertrampeln – könnte man Gefahr laufen, statt vier praktischen beleuchteten Make-Up-Spiegeln nur drei zu ergattern. „Ich bin froh, dass ich mir meine zwei, drei Sachen genommen hab, und mich nicht verletzt hab“, rekapituliert Nadine die brenzlige Situation der Bescherung. Larissa hingegen erntet Löwenkönig Mufasas Schicksal und erliegt der Stampede an Nachwuchsmodels. Und jedem ist es wurscht. Unverschämt, findet Lijana, die bisher ja ganz besonders mit empathischem Verhalten punkten konnte.

 

Die Hoffnung stirbt zuletzt … aber sie stirbt

 

Erster Gast in der Modelvilla: Choreograf Micky K., der vor zwei Wochen schon mal da war, sich aber da noch Micky Kurz nannte. Das eröffnet zwei Optionen: Entweder ist er seitdem zum „international Superstar“ mutiert oder aber – was durchaus wahrscheinlicher ist – er ist treuer Leser meines Blogs, in dem er jüngst für seinen eigenwilligen Nachnamen veräppelt wurde. Für alle an Gedächtnisschwund leidenden Topmodel-Fans wird Micky K. trotzdem nochmal vorgestellt – könnte ihn jemand aufgrund der neuen Identität nicht mehr erkennen. Und ich freue mich jetzt schon auf ein Wiedersehen mit Nikeata T. und Wolle J.

Doch anders als beim letzten Mal wird mit Micky nicht laufen, sondern tanzen gelernt. Ideale Challenge für Johanna, die mit ihren nicht vorhandenen Tanzskills schon seit Wochen haarscharf an der Eliminierung vorbei schreddert und dabei jedes Mal aufs Neue betet, in der kommenden Woche nicht mehr mit sexy Hüftschwung getriezt zu werden. Nachvollziehen kann ich das – war auch ich in der vierten Klasse Gymnasium so naiv zu glauben, nur dieses eine Semester mit Funktionsgleichungen im Mathe-Unterricht überstehen zu müssen, um dann nie wieder damit konfrontiert zu werden. Jeder mit Matura weiß, wie das geendet hat.

 

Als man sich Prä-Corona noch genüsslich die Schulter leckte …

 

Getanzt wird jedoch – welch Glück für Johanna – erst bei der Entscheidung. Zuvor wartet noch ein Fotoshooting mit Kristian Schuller, dessen Ego leider das Einzige ist, das mit der Zeit an Größe dazugewonnen hat. Und auch sein Faible die Models mit Staub und Dreck zu bewerfen blieb unverändert, nur dass dieser in den klimabewussten 2020ern biologisch abbaubar ist. Und gleichzeitig den Caterer für die Models erspart. Ist das bisschen pürierte Rote Rübe, mit dem die Models gleich beschossen werden, nun wirklich ausreichend für die nächsten zwei Tage.

 

Die selbsternannte Überfliegerin Larissa muss mit den Dauerwacklern Johanna und Maribel shooten. Eine – in ihren Augen – absolut unfaire Verteilung. Könnten die anderen ja nicht so gut neben ihr aussehen. Und doch sorgt sich Larissa um Johanna und wünscht ihr nichts Geringeres, als die unbezahlbare Erfahrung mit ihr, Larissa, zu shooten vielleicht sogar in ihren zukünftigen Lebensweg zu integrieren. Das ist schon großzügig, um nicht gar großkotzig zu sagen.

 

Kristian erklärt nochmal die Eckpunkte des Shootings: „Ganz wichtig ist – auch wenn von hinten was kommt – macht nicht eure Augen zu!“ (Kleiner Reminder: Wir sind hier noch immer bei GNTM.) Tamara hält sich dran und hat sogleich Karottenpulver in den Augen. Heidi ist sofort zur Stelle: „Mach die Augen zu und relaxe.“ Relaxt es sich mit Karottenpulver in den Schleimhäuten schlichtweg am besten. Julia hat das Pulver zwar nicht in den Augen, aber sonst überall. „Das schmeckt richtig gut!“, freut sie sich, woraufhin Nadine gleich um die Ecke kommt, um ihr ein bisschen Rübenpulver von der Schulter zu lecken. Noch so etwas, das man sich in diesen Tagen der Corona-Krise zweimal überlegen würde.

 

Vivian steht etwas neben sich. Sie hat starke Schmerzen, weil sie möglicherweise an Morbus Chron leidet. „Und du bist dir sicher, dass es kein Parasit ist“, fragt Heidi, die so tut, als träten Parasiten neuerdings genauso häufig auf wie Corona-Neuerkrankungen. „Der kann ja auch ewig bei einem

leben übrigens“, ruft Heidi ins Gewissen und spricht dabei jedem unfreiwillig ausgebuchten Hotel Mama aus der Seele.

 

Auch im Team Larissa/Johanna/Maribel läuft es mittelgut. Und das obwohl Larissa im Team ist! (Oder vielleicht auch weil …) Kristian fällt es schwer, ein Foto auszusuchen. „Kann auch sein, dass sie die Bilder so toll finden und sie deshalb so lange brauchen?“, rätselt Johanna. „Nein, so toll sehen die wirklich nicht aus“, reagiert Heidi prompt und zerstört wieder einmal jede Hoffnung.

 

Liebreiz vs. Ehrgeiz

 

Bei der Entscheidung geht es Vivian wieder schlecht. „Man sollte sich nicht davon runterziehen lassen“, stellt Lijana für sich fest. Wir erinnern uns: Bei Lijanas Freundin Larissa war es noch ganz wichtig Empathie entgegenzubringen; bei Vivian – die wirklich ein gesundheitliches Problem hat –

ist es dann schon wieder wurscht. Da zählt der Ehrgeiz. Und auch bei der Performance ist Lijana ausnahmslos auf sich selbst konzentriert. „Ich hab‘ nie nach links oder rechts gekuckt – von daher war ich mit Sicherheit die Stärkste in unserer Gruppe.“ Kann man das nämlich am besten beurteilen, wenn man die Leistung der anderen gar nicht gesehen hat.

 

Stärker als Johanna war Lijana bedauerlicherweise allemal. Die hat das mit dem Selbstbewusstsein auch in Woche neun nicht auf die Reihe gekriegt. Heidi bricht es das Herz. Hätte sie sooo gerne eine kurvige Gewinnerin gehabt. Aber vielleicht hilft es ja beim nächsten Mal, nicht nur eine Kurvige auf die Reise mitzunehmen, sondern zwei? Crazy Idee! Für die ich vermutlich nur wenig Beifall ernten werde.

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