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Germany's Next Topmodel - Staffel 16 Folge 1

No Limits! Heuer ist bei „Germany’s Next Topmodel“ schlicht alles möglich. Zu klein, zu groß, zu dick, zu dünn – all diese Grenzen gibt es nicht mehr. In der 16. Staffel zelebriert das Format das heilige Sakrament der Taufe neu und wird als die Inkarnation des diversen Lebens wiedergeboren.  Zur Feier des Tages zerdeppert Heidi Teile ihres altbewährten GNTM-Logos. Passt die Silhouette einer schlanken Frau nicht mehr zu dieser neuen Mission, die im darauffolgenden Jahr, wenn die internationalen Fashion-Giganten wieder Mitspracherecht genießen, wohl wieder in den Hintergrund rücken wird.

 

Team Diversity

 

Jetzt aber lassen wir die Vielseitigkeit so richtig hochleben! Sind von den 31 Kandidatinnen immerhin zwei Petite-Models dabei. Von denen sich zwar eines schon nach der ersten Eliminierung verabschieden wird müssen, aber wollen wir mal im wahrsten Sinne des Wortes nicht so kleinlich sein. Dann wäre da keine Altersbegrenzung! Zu reif gibt es nicht, weshalb das älteste Model Mareike 25 lange Lebensjahre verzeichnet. Gewagt – steht die ja schon knapp vor der Pensionierung. Aber einmal noch Spaß haben, muss drin sein. Dass Menschen mit Behinderungen Topmodels sein können, ist unbestritten. Madeline Stuart etwa shootete mit Down-Syndrom für Gucci, Michael Michalsky ließ zahlreiche Menschen mit Handicap seine Mode präsentieren. Weshalb Heidi jetzt auch auf diesen barrierefreien Zug aufspringt und stolz ihr erstes gehörloses Model Maria begrüßt. Oder besser Tochter Leni – wollte die nämlich laut Mama Klum „keine Sprache“ sondern lieber „Sign Language“ lernen. Die Verrückte. Dass es aber auch in der Gebärdensprache eine nicht für alle Kontinente geltende Einheitssprache gibt, ist Heidi wiederum entgangen. Alles kann man nun wirklich nicht wissen. Ohne Schwerhörigkeit oder Taubheit schmälern zu wollen, hätte es allerdings auch nicht geschadet, noch einem zweiten Model mit sichtbarer Behinderung eine Chance zu geben. Andererseits weist die 20-jährige Chanel, deren Name nicht Strafe genug ist, markante Narben auf, das muss ja wohl reichen. Und Romina eine wahnsinnig emotionale Lebensgeschichte, mit der nicht mal die an Morbus Crohn leidende Konkurrentin mithalten kann. Hatten es ihr die prallen Instagram-Popos so angetan, dass sie einfach ein Jahr lang mehr als sonst gegessen hat, um diesem Ideal-Typus zu entsprechen. Grauenhaft. Am Ende hatte sie zehn Kilo mehr, Gel-Nägel und lange Haare – also dieselbe Erfahrung wie ich, als ich mit 16 begonnen habe, die Pille zu schlucken. Ein Glück bin nicht nur ich, sondern auch Romi wieder gertenschlank, weshalb zwei, drei andere Kolleginnen die Rolle der „Curvy Models“ im diesjährigen Cast einnehmen müssen. Wobei sich Menschen mit tatsächlich großen Größen auch mit den heuer im Angebot stehenden Kurven schwer identifizieren werden können. Aber sind wir mal nicht so negativ, ist doch heuer sonst alles anders. Alles bis auf die Intro-Melodie, die selbstredend von „Tokio Hotel“ stammt. „Das war nicht klar!“, beschwichtigt Schwager Bill Kaulitz in einem „red“-Interview, der jetzt schon unter Produktionsdruck steht, jedes Jahr zumindest 1 halbwegs tauglichen Song aufnehmen zu müssen.

 

Ein Schmeiß ins kalte Wasser

 

Was sich glücklicherweise nicht geändert hat, ist das bahnbrechende Vokabular der Teilnehmerinnen. Wissen wir alle dank Liliana jetzt, dass das „Letzte zum Schluss kommt“. Nana, der die Aufregung zu Kopf steigt, „reißt“ wiederum „die Zähne kurz zusammen“ und Alexandra empfindet ihren ersten Catwalk als einen klaren Fall von „Schmeiß ins kalte Wasser“. Alles kein Problem für die kurvigste unter den Kurvigen, Dasha. Ist die nämlich „begabt was Talente und so angeht“.

 

Auch Modelmama Heidi hat über Corona eine neue Begabung für sich entdeckt: Kunst- und Kulturförderung. Ist es ihre Prio 1 die Kunst- und Kulturschaffenden der deutschen Bundesrepublik in Brot und Arbeit zu halten. Also legt sie einen völlig inhaltsleeren Stopp bei den Tänzern von „Magic Mike“ ein. Die wissen zwar offensichtlich selbst nicht genau, was ihre Aufgabe hier ist, akzeptieren aber natürlich jede mediale Blamage für eine kleine Gage. Und einen Auftritt haben sie bei einer GNTM-Fashionshow ohnehin! Nur eben nicht heute.

 

Denn bei dieser stehen die Kreationen der Designerin Irene Luft im Mittelpunkt. Die ist so bekannt, dass einem anderen Designer, Manfred Thierry Mugler, die Wahl des First-, Last-, und Middle-Faces vorbehalten ist. So geht Emanzipation. Als dieser bei der Vorstellung der Models gerne etwas mehr Haut sehen möchte, zieht eine Wahnsinnige unter den Model-Lemmingen völlig blank und läuft mit den Händen vor der entblößten Brust auf und ab. „So geht das“, freut sich Heidi, die sogleich dazu inspiriert ist, heuer nicht nur ein Nackt-Shooting, sondern auch einen Nackt-Walk zu veranstalten. Solange man nicht stolpert, kein Problem. Und es eröffnet die Möglichkeit statt auf einen weiteren zweitrangigen Designer auf Jahrhundert-Ulknudel Otto Waalkes zu setzen, der die Modebranche etwa annähernd stilvoll repräsentiert, wie Felber-Chefin Doris ihre Mohnweckerl im ersten Corona-Lockdown.

 

Aus die Maus für Vanessa, Samantha, Maria-Sophie, Lena, Franzsika und Alexandra

 

Die erste Show läuft für die einen mehr, für die anderen weniger gut. Für Soulin, die als einzige ein wirklich vorteilhaftes Outfit übergezogen bekommt, gut. Für Ana, die noch vor dem ersten Schritt kollabiert und in Ohnmacht fällt, weniger gut. Für Kandidatin Ricarda, die schon im Backstage-Bereich nur verpixelt und auf dem Laufsteg gar nicht zu sehen ist, auch nur halbtoll. Trotzdem besser als Nana, die die Treppen-Challenge zu Beginn des Laufstegs zwar annimmt, diese aber nicht ohne schwerwiegende Körperverletzungen hinter sich bringt. Star-DJ „Alle Farben“, der die Modenschau von seinem Pult aus begleitet, beweist indessen besonderes musikalisches Gespür und legt zum Auftakt den Beatles-Evergreen „Lemontree“ auf. Dass dieser mit der Musikzeile „I’m sitting here in a boring room“ startet, hätte ihn die Wahl zumindest kurz überdenken lassen können. So langweilig ist es nämlich auch nicht und lässt uns jetzt schon freudig die zweite Episode erwarten, wenn nur noch 25 um den Titel „Germany’s Next Topmodel“ kämpfen.

 

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